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Gerüstet für den globalen Bildungsmarkt?

14. August 2009

Um sich international zu positionieren, lassen sich die deutschen Hochschulen einiges einfallen. Mit speziellen Projekten wollen sie die besten Studenten, Gastwissenschaftler und Professoren aus aller Welt anlocken.

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Schwarz-rot-goldene Hand reckt den Daumen hoch (Foto: dpa)
Bild: dpa/PA

Mahshid Mayar war sich nicht sicher, ob es ihr an der Universität Heidelberg gefallen würde. Bis zum Beginn ihres Master-Studiengangs im Herbst 2008 hatte die Iranerin ihr Land nie verlassen. Die deutsche Kultur und Mentalität waren ihr fremd - aber auf einen Auslandsaufenthalt an der ältesten Universität in Deutschland wollte sie nicht verzichten. Mittlerweile hat sich die Studentin aus Teheran längst in Heidelberg eingelebt - und mehr als das. "Die Stadt ist mir ans Herz gewachsen", sagt Mahshid Mayar. "Alles hier hat seine Ordnung, alles ist friedlich, die Leute sind sehr freundlich. Vielleicht mache ich hier auch meine Doktorarbeit - wenn ich ein Stipendium bekomme."

Internationaler Austausch

Dass sich Studenten und Nachwuchswissenschaftler aus dem Ausland wohl fühlen an den deutschen Hochschulen - das wird den Universitäten und Fachhochschulen immer wichtiger. Denn die Gäste aus dem Ausland tragen erheblich zur Internationalisierung der deutschen Hochschulen bei. Und die sei heute wichtiger denn je, um für den globalen Bildungsmarkt gerüstet zu sein, sagt Christian Thimme vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD): "Bildung und Forschung sind ein internationales Thema. Die verschiedenen Forschungs- und Studienvorhaben befruchten sich gegenseitig, man kann von den Blickwinkeln und den Forschungsmethoden der anderen profitieren. Gleichzeitig geht es auch darum, in bestimmten Studiengängen, Masterstudiengängen, Promotionsstudiengängen ausgezeichnete Studenten und Nachwuchswissenschaftler aus aller Welt an Deutschland zu binden."

Programme für Gäste aus dem Ausland

WiSo-Vorlesung an der Uni Heidelberg (Foto: Universität Heidelberg / Dorn)
Internationale Studierende an der Universität HeidelbergBild: Universität Heidelberg / Dorn

Dadurch wollen die Hochschulen die Qualität ihrer Lehre und Forschung sichern, wenn nicht sogar steigern. Um sich auf dem globalen Bildungsmarkt zu positionieren, entwickeln immer mehr Universitäten und Fachhochschulen Programme und Projekte, die sich gezielt an Interessenten aus dem Ausland wenden - ein Konzept, das Universitäten in den USA und in Großbritannien schon seit Jahren erfolgreich verfolgen. Unterstützt werden die deutschen Hochschulen unter anderem vom DAAD: 65 Millionen Euro stellt der Austauschdienst jährlich für die Internationalisierung der deutschen Hochschulen zur Verfügung. Christian Thimme ist beim DAAD für die Programme verantwortlich. "Internationalisierung bedeutet zum einen, gastfreundliche Rahmenbedingungen für ausländische Studierende und Gastwissenschaftler zu schaffen", erklärt er. "Internationalisierung bedeutet aber gleichzeitig auch, alle Aktivitäten zu unterstützen, die den Studienstandort Deutschland attraktiv machen."

Ausbau von Partnerschaften und Netzwerken

Die international wohl bekannteste deutsche Hochschule, die Universität Heidelberg, hat im Rahmen ihrer Internationalisierungsbemühungen unter anderem ein Welcome-Center eingerichtet, das für die Betreuung von Studenten und Dozenten aus dem Ausland zuständig ist. Weil die Universität renommierte Professoren anziehen will, hat sie außerdem sogenannte Joint Appointments eingeführt: Sie ermöglichen einer Auswahl von Gastwissenschaftlern, innerhalb von fünf Jahren für jeweils drei Monate pro Jahr nach Heidelberg zu kommen, um an der Universität zu unterrichten. Um die Universität in den USA noch bekannter zu machen und die besten Köpfe nach Heidelberg zu holen, hat die Hochschule sogar ein eigenes Verbindungsbüro in New York eröffnet. Dadurch sollen bereits bestehende Kooperationen gefördert, aber auch neue Netzwerke ausgebaut werden. Außerdem hilft das Büro dabei, gemeinsame Studienprogramme zu schaffen und den Ausbau wissenschaftlicher Kontakte mit US-amerikanischen Hochschulen zu unterstützen. Dennoch sei es auch für Heidelberg nicht einfach, im internationalen Wettbewerb ganz vorne mitzumischen, sagt Vera Nünning, Prorektorin für Internationale Beziehungen: "Noch bessere Professoren anzuziehen, ist für uns deshalb schwierig, weil wir einen sehr engen Gehaltsrahmen haben. Viele Professoren, vor allem aus den USA, haben Gehaltsvorstellungen, die wir nicht erfüllen können."

Angebote für die ganze Familie

Ein Student kuschelt mit seinen Kindern (Foto: dpa)
Kinderbetreuung ist hilfreich, aber nicht ausreichend.Bild: picture-alliance/dpa

Um trotzdem hervorragende Gastwissenschaftler für Heidelberg begeistern zu können, lockt die Universität zum Beispiel mit Arbeitsmöglichkeiten auch für den Ehepartner und mit Angeboten für die Kinderbetreuung. Als dauerhafte Lösung sieht Vera Nünning das allerdings nicht. Kinderbetreuung sei hilfreich, aber nicht ausreichend, um auch künftig Gastwissenschaftler zu gewinnen. Auch Lieselotte Krickau-Richter, Leiterin des Dezernats für Internationale Angelegenheiten der Universität Bonn, sieht sich in Sachen Internationalisierung noch längst nicht am Ziel. Sie setzt sich für mehr Austauschprogramme, Forschungskooperationen und Studienpartnerschaften ein, weiß aber auch, dass das Budget der Universität begrenzt ist: "Das Problem der nächsten Jahre wird sein, Mobilität gut zu organisieren, und zwar so, dass sowohl die Studierenden als auch die Hochschulen davon profitieren. Das ist nichts, was man nicht leisten könnte - aber das sind Dinge, die sehr viel Aufwand und sehr viel Energie erfordern und für die man sicher auch noch einiges Geld in die Hand nehmen muss."

Wenn es nach Lieselotte Krickau-Richter geht, dann brauchen die Hochschulen vor allem Geld für mehr Stipendien. Damit würden dann auch die Chancen für hoch qualifizierte Studenten wie Mashid Mayar steigen, in Deutschland zu promovieren - und noch mehr zur Internationalisierung der Hochschulen beizutragen.


Autorin: Anne Allmeling
Redaktion: Gaby Reucher